Entwässerungskonzept in der Bauleitplanung (25.10.2023)

Mit einem Urteil vom OVG NRW (15.12.21 – 7 D 45/19.NE) wurde festgehalten, dass Fragestellungen der Beseitigung des Niederschlagswassers grundsätzlich im Rahmen einer Bebauungsplanung Teil des Abwägungsmaterials sind. § 1 Abs. 7 BauGB verlangt insbesondere, dass der Bauleitplanung eine Erschließungskonzeption zugrunde liegt, nach der das im Planungsgebiet anfallende Niederschlagswasser so beseitigt werden kann, dass Gesundheit und Eigentum der Planbetroffenen – auch außerhalb des Planungsgebiets – keinen Schaden nehmen. Dazu zählen auch die Belange des Hochwasser- und Überflutungsschutzes, welche in den Festsetzungen eines Bebauungsplans berücksichtigt werden sollen. Die Verlagerung dieser Belange in einen Erschließungsvertrag ist nicht ausreichend.

In der Bauleitplanung müssen daher aktuelle Erkenntnisquellen (z. B. HWRM-Pläne der Bezirksregierungen, festgesetzte Überschwemmungsgebiete, etc. zwingend berücksichtigt werden, da die Bebauungspläne sonst wegen eines bauplanerischen Abwägungsdefizit als fehlerhaft gelten und für unwirksam erklärt werden können (vgl. Urteile vom OVG NRW vom 10.05.22 – 2 D 109/20.NE und 30.05.2023 - 10 D 187/20.NE).

Nach dem Beschluss des OVG NRW (18.08.23 – 2 B 349/23.NE) ist die Erstellung eines Entwässerungskonzepts auf Grundlage der einschlägigen technischen Regelwerke (u. a. DWA A 118 zur Überstauhäufigkeit, DIN 1986-100 und DIN EN 752 zum Überflutungsschutz) eine sachgerechte Behandlung der o. g. Themen im Bauleitverfahren darstellt.

In der StGB-NRW Mitteilung 571/2023 heißt es weiter: „Auf der Grundlage der bislang ergangenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 22.04.2004 - Az.: III ZR 108/03) haftet eine Stadt nur dann nicht für Überflutungsschäden durch Starkregen-Ereignisse auf privaten Grundstücken, wenn das Starkregen-Ereignis eine Wiederkehrintensität von mehr als einmal in 100 Jahren aufgewiesen hat, d.h. es liegt ein Starkregen vor, dessen Wiederkehrintensität 1 x in 100 Jahren überschreitet. Der BGH stellt bei der Frage der Haftung für Überschwemmungsschäden aber nicht nur auf den sog. Berechnungsregen ab, sondern erwartet stets auch eine Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse im Einzelfall (vgl. grundlegend: das sog. Weinberg-Urteil zu Hangwasser: BGH, Urteil vom 18.2.1999 – Az.: III ZR 272/96 -). Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 18.2.1999 – Az.: III ZR 272/96 -) zur Amtshaftung (Art. 34 GG, § 839 BGB) müssen bei der Dimensionierung des öffentlichen Kanals somit neben dem sog. Berechnungsregen auch die konkreten örtlichen Verhältnisse im Einzelfall im jeweiligen Entwässerungsgebiet (z. B. Hangwasser, Schichtenwasser) Berücksichtigung finden.“

 

Zusammenfassend lässt sich deutlich sagen, dass eine detaillierte Betrachtung der Entwässerungssituation unter Berücksichtigung der umliegenden Bebauung und der Klimafolgenanpassung bereits in der Bauleitplanung von entscheidender Bedeutung ist, um die Erschließung von neuen Bauflächen, auch im Bereich der Nachverdichtung, klimaresilient und zukunftsfähig zu sichern. Die Entwicklung von Schwammstadtkonzepten zur Annäherung an den naturnahen Wasserhaushalt ist daher unverzichtbar.

 

Weitere Informationen / Quellen:  

www.kommunalagentur.nrw

www.zukunftsgewaesser.nrw

https://www.kommunen.nrw/informationen/mitteilungen/datenbank/detailansicht/dokument/ovg-nrw-zum-bebauungsplan-und-entwaesserung.html#:~:text=Insoweit%20verweist%20das%20OVG%20NRW,347%2F21.NE