OVG NRW zum Bebauungsplan und Überflutungsschutz, Urteil vom 22.06.2023 (2 D 347/21.NE)

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) NRW betont in seinem Urteil vom 22.06.2023 (2 D 347/21.NE), dass ein Bebauungsplan gemäß § 1 Abs. 7 BauGB eine schlüssige Erschließungskonzeption enthalten muss, um sicherzustellen, dass das anfallende Niederschlagswasser schadlos abgeleitet werden kann. Dies schließt auch den Schutz von Gesundheit und Eigentum der Betroffenen außerhalb des Plangebiets ein. Die Abwasserbeseitigung, einschließlich der Niederschlagswasserbeseitigung, zählt gemäß § 1 Abs. 6 Nr. 12 BauGB zu den abwägungspflichtigen Belangen.

Kernaussagen:

  1. Entwässerungskonzeption:

    • Die vorgelegte Entwässerungskonzeption im Urteil wurde nicht beanstandet und berücksichtigt den Hochwasserschutz durch großzügig dimensionierte Rückhaltebecken und hydrologische Prüfungen (Jährlichkeiten bis 1.000 Jahre).
    • Maßnahmen wie begrünte Flachdächer, Regenklär- und Rückhaltebecken sowie behördenübergreifende Abstimmungen sind erforderlich.
  2. Konfliktbewältigung:

    • Konflikte, die durch die Planung entstehen, müssen gelöst werden. Vorhandene Problemlagen müssen jedoch nicht vollständig entschärft werden.
    • Konflikte dürfen nur dann in nachfolgende Verfahren ausgelagert werden, wenn ihre sachgerechte Lösung absehbar ist.
  3. Rechtsgrundsätze:

    • Ein Bebauungsplan muss im Zeitpunkt seines Erlasses sicherstellen, dass ein funktionstüchtiges Entwässerungssystem vorhanden sein wird, wenn die geplanten Anlagen fertiggestellt sind.
  4. Starkregenereignisse und Bauleitplanung:

    • Angesichts zunehmender Starkregenereignisse darf die Niederschlagswasserbeseitigung kein Abwägungsdefizit aufweisen.
    • Eine Starkregengefahrenkarte und weitere Erkenntnisquellen wie der Klima-Atlas NRW oder die Starkregenhinweiskarte sollten in die Planung einfließen.
  5. Vermeidung von Abwägungsdefiziten:

    • Ein Bebauungsplan muss präzise Regelungen für die Entwässerung enthalten. Diese können später nicht durch Verwaltungsverfahren oder Erschließungsverträge korrigiert werden.

Die Gemeinde hat die Verantwortung, alle relevanten Erkenntnisse einzubeziehen, um gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse sowie Sicherheit vor Überflutung zu gewährleisten. Andernfalls droht die Unwirksamkeit des Bebauungsplans.

OVG NRW zum Bebauungsplan und Überflutungsschutz, Urteil vom 22.06.2023 (2 D 347/21.NE)