Mulden-Rigolen-Systeme sind ein integraler Bestandteil des dezentralen Regenwassermanagements und dienen der Aufnahme, Retention und Rückhaltung von Niederschlagswasser. Ihre Planung und Dimensionierung basiert auf physikalischen und mathematischen Grundlagen, die es ermöglichen, das Volumen und die Geschwindigkeit des abgeleiteten Regenwassers zu kontrollieren. Die folgenden Abschnitte bieten eine Übersicht der grundsätzlichen Zusammenhänge und erläutern, wie sie bei der Bemessung dieser Systeme angewendet werden.
Ein Mulden-Rigolen-System besteht aus einer Mulde, die das Wasser aufnimmt, und einer darunterliegenden Rigole, die das Wasser speichert und nach und nach in das Grundwasser infiltriert oder kontrolliert in die Kanalisation abgibt. Das Niederschlagswasser wird zunächst in der Mulde zurückgehalten, von wo es entweder verdunstet, seitlich versickert oder in die Rigole gelangt. Die Dimensionierung der Mulde und der Rigole muss sicherstellen, dass bei Bemessungsniederschlägen weder Überstau noch zu hohe Abflussmengen entstehen.
Bei der Planung und Bemessung von Mulden-Rigolen-Elementen sind die folgenden physikalischen Phänomene von Bedeutung:
- Niederschlagsereignis (Regenmenge und -intensität): Die zu erwartende Niederschlagsmenge und -intensität bestimmt die nötige Speicherkapazität des Systems. In Deutschland wird häufig ein Regenereignis für die Berechnungen verwendet, das mit einer statistischen Wiederkehrperiode von 5 Jahren und einer Dauer von 15 Minuten angenommen wird.
- Versickerungsrate: Die Versickerung ist von den Bodenverhältnissen abhängig. Je durchlässiger der Boden, desto höher die Versickerungsrate und desto geringer die notwendige Speicherkapazität der Rigole.
- Speicherkoeffizient der Rigole: Dieser Wert beschreibt das nutzbare Porenvolumen des Rigolenmaterials und ist in der Regel etwa 30-40% für Kiesfüllungen.
Für die Bemessung von Mulden-Rigolen-Systemen sind drei Hauptgrößen ausschlaggebend: die Regenabflussmenge, das Speichervermögen und die Versickerungsleistung.
Das Abflussvolumen, das durch das Mulden-Rigolen-System aufgenommen werden muss, lässt sich mit folgender Formel berechnen:
VAbfluss = r * A * Ψ
- VAbfluss: Abflussvolumen [m³]
- r: Bemessungsniederschlagshöhe [mm]
- A: Fläche des Einzugsgebiets [m²]
- Ψ: Abflussbeiwert, der je nach Bodenversiegelung variiert und für Mulden-Rigolen-Systeme angepasst wird
Dieser Ansatz ermöglicht es, die Menge des anfallenden Wassers im Vorfeld abzuschätzen und daraufhin die Speicherkapazitäten zu bestimmen.
Die Fläche der Mulde muss so bemessen sein, dass sie das Abflussvolumen aufnehmen kann, ohne dass es zu einer Überlastung kommt. Der Platzbedarf der Mulde wird dabei durch das maximale Wasserstandniveau und den Neigungswinkel der Muldenflanken beeinflusst.
AMulde = VAbfluss / hmax
- AMulde: Fläche der Mulde [m²]
- VAbfluss: Abflussvolumen [m³]
- hmax: maximaler Wasserstand in der Mulde [m]
Die Dimensionierung der Rigole basiert auf der erforderlichen Speicherkapazität, die das anfallende Regenwasser in der Mulde nicht aufnehmen kann. Der Berechnungsansatz der Rigole erfolgt mit einem Speichervolumen, das durch den Speicherkoeffizienten des Füllmaterials (z.B. Kies) beeinflusst wird:
VRigole = VAbfluss * n
- VRigole: notwendiges Volumen der Rigole [m³]
- n: nutzbarer Porenraumanteil des Rigolenmaterials, typischerweise etwa 0,3-0,4
Die Rigole sollte so bemessen sein, dass die Versickerung innerhalb eines angemessenen Zeitraums erfolgen kann. Die Versickerungsrate qv ist ein wichtiger Faktor, der von den Bodeneigenschaften abhängt und in einem Bodengutachten ermittelt werden muss. Sie bestimmt die Geschwindigkeit, mit der Wasser aus dem Rigolenkörper abfließt:
QVersickerung = qv * ARigole
- QVersickerung: Versickerungsvolumenstrom [m³/s]
- qv: spezifische Versickerungsrate [m/s]
- ARigole: Grundfläche der Rigole [m²]
Die Gesamtversickerungskapazität muss so gewählt werden, dass sie auch bei Starkregenereignissen ausreichend ist, um ein Überlaufen zu verhindern.
Dieses Berechnungsbeispiel veranschaulicht die Dimensionierung eines Mulden-Rigolen-Systems basierend auf den gegebenen Randbedingungen und unter Verwendung typischer Annahmen für fehlende Werte. Es werden die Volumina der Mulde und Rigole sowie die Versickerungsleistung berechnet.
- Einzugsgebiet (A): 5.000 m²
- Länge der Mulde: 100 m
- Breite der Mulde: 2 m
- Tiefe der Mulde (h_max): 0,3 m
- Länge der Rigole: 100 m
- Breite der Rigole: 2 m
- Tiefe der Rigole: 1,0 m
- Bemessungsniederschlagshöhe (r): 15 mm
- Abflussbeiwert (Ψ): 0,5
- Speicherkoeffizient der Rigole (n): 0,35
- Versickerungsrate (q_v): 0,001 m/s
Das Abflussvolumen ergibt sich aus der Formel:
V_abfluss = r ⋅ A ⋅ Ψ
Eingesetzte Werte:
- r = 15 mm = 0,015 m
- A = 5.000 m²
- Ψ = 0,5
V_abfluss = 0,015 m ⋅ 5.000 m² ⋅ 0,5 = 37,5 m³
Das Speichervolumen der Mulde wird berechnet mit:
V_mulde = Länge ⋅ Breite ⋅ Tiefe
Eingesetzte Werte:
- Länge der Mulde = 100 m
- Breite der Mulde = 2 m
- Tiefe der Mulde (h_max) = 0,3 m
V_mulde = 100 m ⋅ 2 m ⋅ 0,3 m = 60 m³
Das Speichervolumen der Mulde reicht aus, um das gesamte Abflussvolumen von 37,5 m³ aufzunehmen.
Falls das Volumen der Mulde nicht ausreicht oder zusätzliches Volumen in der Rigole gewünscht ist, wird die Kapazität der Rigole berechnet. Die Formel für das nutzbare Volumen der Rigole lautet:
V_rigole = Länge ⋅ Breite ⋅ Tiefe ⋅ n
Eingesetzte Werte:
- Länge der Rigole = 100 m
- Breite der Rigole = 2 m
- Tiefe der Rigole = 1,0 m
- Speicherkoeffizient (n) = 0,35
V_rigole = 100 m ⋅ 2 m ⋅ 1,0 m ⋅ 0,35 = 70 m³
Die Versickerungsleistung gibt an, wie schnell das Wasser in den Boden infiltriert. Sie wird berechnet durch:
Q_versickerung = q_v ⋅ A_rigole
Eingesetzte Werte:
- Versickerungsrate (q_v) = 0,001 m/s
- Grundfläche der Rigole (A_rigole) = Länge ⋅ Breite = 100 m ⋅ 2 m = 200 m²
Q_versickerung = 0,001 m/s ⋅ 200 m² = 0,2 m³/s
Die Berechnungsergebnisse zeigen, dass das Mulden-Rigolen-System ausreichend dimensioniert ist, um das anfallende Abflussvolumen sicher aufzunehmen und zu versickern:
- Abflussvolumen: 37,5 m³
- Speichervolumen der Mulde: 60 m³
- Speichervolumen der Rigole: 70 m³ (optional)
- Versickerungsleistung: 0,2 m³/s
Die Mulde allein kann das Abflussvolumen von 37,5 m³ sicher aufnehmen. Die Rigole stellt weiteres Speichervolumen bereit, und die Versickerungsleistung gewährleistet eine ausreichende Infiltration des Wassers.