Vergleich von Einfachen Verfahren und Nachweisverfahren in der NA-Simulation

Die Niederschlags-Abfluss-Simulation (NA-Simulation) ist ein wesentlicher Bestandteil der Planung von Entwässerungsanlagen und des Regenwassermanagements. Gerade vor dem Hintergrund veränderter klimatischer Bedingungen und einer Zunahme von Starkregenereignissen sind verlässliche Vorhersagen des Abflussverhaltens von großer Bedeutung. In der Praxis haben sich dabei unterschiedliche Verfahren etabliert, die sowohl hinsichtlich der Komplexität als auch der Genauigkeit variieren. In diesem Artikel werden das einfache Verfahren und das Nachweisverfahren in der NA-Simulation gegenübergestellt, um Vor- und Nachteile der jeweiligen Ansätze herauszuarbeiten und die Einsatzgebiete klarer zu definieren.

Grundlagen der NA-Simulation

Die NA-Simulation beschreibt die Umwandlung von Niederschlag in Oberflächenabfluss. Dabei werden Niederschlagsereignisse in Kombination mit standortspezifischen Gegebenheiten (Bodenbeschaffenheit, Geländeform, Versickerungsfähigkeit) verwendet, um den Abfluss zu berechnen. Die Simulation dient somit dazu, die Dimensionierung von Entwässerungssystemen zu unterstützen, Risiken von Überflutungen zu minimieren und alternative Lösungsansätze für das Regenwassermanagement zu bewerten.

Ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal bei der NA-Simulation ist die Wahl des Berechnungsverfahrens. Die Entscheidung, welches Verfahren verwendet wird, hängt unter anderem von der geforderten Genauigkeit und der Verfügbarkeit von Eingangsdaten ab. Im Folgenden wird zwischen dem einfachen Verfahren und dem komplexeren Nachweisverfahren unterschieden.

Einfaches Verfahren in der NA-Simulation

Das einfache Verfahren, auch als "empirisches Verfahren" bekannt, zeichnet sich durch seine leichte Anwendbarkeit und den geringen Datenbedarf aus. Es basiert auf einer vereinfachten Annahme der Abflussbildung, indem durchschnittliche Boden- und Geländeeigenschaften verwendet werden. Solche Verfahren sind beispielsweise das Rationalverfahren oder die Methode der Abflussfaktoren, die auf einer festen Beziehung zwischen Niederschlag und Abfluss beruhen.

Das Rationalverfahren berechnet den Spitzenabfluss anhand der einfachen Formel:

Q=C⋅i⋅A

Dabei bedeuten die einzelnen Variablen:

  • Q: Spitzenabfluss in Kubikmetern pro Sekunde (m³/s)
  • C: Abflussbeiwert (dimensionslos), abhängig von der Oberflächenbeschaffenheit und der Versiegelung
  • i: Niederschlagsintensität in Millimetern pro Stunde (mm/h)
  • A: Einzugsgebietsfläche in Hektar (ha)

Diese Formel berücksichtigt die wichtigsten Parameter, verzichtet jedoch auf eine differenzierte Betrachtung des Bodens, der Vegetation oder der zeitlichen Dynamik des Niederschlags. Daraus folgt, dass das einfache Verfahren besonders für kleine, homogene Einzugsgebiete geeignet ist, bei denen keine komplexe hydrologische Dynamik vorliegt.

Vorteile des einfachen Verfahrens

  • Geringer Datenaufwand: Es sind nur wenige Eingangsdaten erforderlich, was die Anwendung in der Praxis stark vereinfacht.
  • Schnelle Ergebnisse: Aufgrund der Einfachheit des Modells lassen sich schnelle Berechnungen durchführen, was in der Vorplanung oder bei einer ersten Grobdimensionierung hilfreich sein kann.
  • Einfache Nachvollziehbarkeit: Das Verfahren ist leicht zu verstehen, und die Berechnung kann relativ unkompliziert nachvollzogen werden.

Nachteile des einfachen Verfahrens

  • Fehlende Dynamik: Es wird nur eine statische Betrachtung der Abflussbildung vorgenommen, ohne die zeitliche Entwicklung von Niederschlagsereignissen zu berücksichtigen.
  • Keine Berücksichtigung von Speicherprozessen: Der Einfluss von Speicherprozessen, wie z.B. von Poldern, Mulden oder Rückhaltebecken, wird vernachlässigt.
  • Geringe Genauigkeit bei heterogenen Gebieten: In komplexen Einzugsgebieten mit unterschiedlichen Bodentypen und Landnutzungen ist die Genauigkeit der Ergebnisse begrenzt.

Nachweisverfahren in der NA-Simulation

Das Nachweisverfahren, auch als "deterministisches Verfahren" bezeichnet, ist deutlich komplexer und genauer. Es basiert auf einer detaillierten Modellierung der Niederschlags-Abfluss-Prozesse unter Berücksichtigung aller relevanten Faktoren wie Bodenstruktur, Vegetation, Versickerung und Speicherung. Zu den bekanntesten Nachweisverfahren gehören die Langzeitkontinuumssimulation, wie sie beispielsweise mit der Planungssoftware KOSIM durchgeführt wird, oder die Verwendung von hydrologischen Modellen wie SWMM (Storm Water Management Model).

Bei einer Langzeitkontinuumssimulation wird das Abflussgeschehen über einen langen Zeitraum (z.B. mehrere Jahre) simuliert, wobei sowohl historische Niederschlagsdaten als auch detaillierte Boden- und Topographiedaten einfließen. Diese Simulationen erlauben eine differenzierte Analyse der gesamten Wasserbilanz und bieten eine solide Grundlage für die Dimensionierung und den Nachweis von Entwässerungsanlagen.

Vorteile des Nachweisverfahrens

  • Hohe Genauigkeit: Durch die detaillierte Berücksichtigung aller relevanten Parameter sind die Ergebnisse wesentlich genauer als beim einfachen Verfahren.
  • Berücksichtigung von Speicher- und Rüchhalteprozessen: Rückhaltebecken, Versickerungsanlagen und sonstige Speicherprozesse werden modelliert, was eine realistische Abbildung der Abflussprozesse ermöglicht.
  • Zeitliche Auflösung: Das dynamische Verhalten von Niederschlag und Abfluss über die Zeit wird abgebildet, wodurch insbesondere auch Extremereignisse analysiert werden können.

Nachteile des Nachweisverfahrens

  • Hoher Datenaufwand: Die Benötigung umfangreicher Eingangsdaten, wie detaillierte Bodenprofile und langjährige Niederschlagsmessungen, macht die Anwendung komplexer und zeitaufwändiger.
  • Komplexität der Anwendung: Die Modelle sind schwieriger zu verstehen und erfordern häufig spezielles Fachwissen sowie Softwarekenntnisse, um eine korrekte Anwendung sicherzustellen.
  • Rechenaufwand: Je nach Größe und Komplexität des Einzugsgebiets können die Simulationen sehr zeitintensiv sein.

Anwendung in der Praxis

Die Entscheidung für das einfache Verfahren oder das Nachweisverfahren hängt von verschiedenen Faktoren ab. In der Vorplanung, wenn es um eine erste Abschätzung der erforderlichen Entwässerungskapazität geht, wird häufig das einfache Verfahren angewandt. Dies erlaubt eine schnelle Einschätzung der Situation und bietet eine Grundlage, um alternative Szenarien durchzuspielen.

In der Entwurfsplanung und insbesondere beim Nachweis der Leistungsfähigkeit von Entwässerungsanlagen für Genehmigungszwecke wird jedoch in der Regel das Nachweisverfahren bevorzugt. Gerade bei größeren Projekten mit komplexen Randbedingungen oder bei der Planung von Rückhalte- und Versickerungsanlagen ist die detaillierte Modellierung unabdingbar, um alle relevanten Prozesse ausreichend abzubilden.

In der Praxis bedeutet dies auch, dass bei der Planung oft beide Verfahren zum Einsatz kommen. Während der Vorplanung wird ein einfaches Verfahren zur Grobdimensionierung verwendet, während in der anschließenden Entwurfs- und Genehmigungsplanung das Nachweisverfahren zum Einsatz kommt, um die Funktionsfähigkeit der geplanten Maßnahmen zu belegen.

Fazit

Die Wahl des geeigneten Verfahrens zur NA-Simulation hängt stark von den Anforderungen des jeweiligen Projekts ab. Das einfache Verfahren bietet eine schnelle und unkomplizierte Möglichkeit, erste Abflussberechnungen durchzuführen, ist jedoch hinsichtlich der Genauigkeit eingeschränkt. Das Nachweisverfahren hingegen ermöglicht eine präzise Modellierung der Niederschlags-Abfluss-Prozesse, erfordert jedoch einen hohen Aufwand an Daten und Fachwissen.

Für Ingenieurbüros, die mit der Planung von Entwässerungsanlagen betraut sind, ist es wichtig, beide Verfahren zu kennen und entsprechend der Projektanforderungen anzuwenden. In vielen Fällen ist eine Kombination aus beiden Verfahren der optimale Weg: Einfache Verfahren zur schnellen Abschätzung und Langzeitkontinuumssimulationen zur detaillierten Analyse und Nachweisführung. So kann sichergestellt werden, dass die geplanten Maßnahmen sowohl ökonomisch als auch ökologisch nachhaltig sind und den zunehmenden Herausforderungen durch Extremwetterereignisse standhalten.

Die NA-Simulation bleibt damit ein unverzichtbares Werkzeug für die moderne Entwässerungsplanung. Die Wahl des passenden Verfahrens ist dabei nicht nur eine Frage der Komplexität, sondern vor allem eine Frage der Zielsetzung: von der ersten Abschätzung bis hin zur detaillierten Funktionsfähigkeitsprüfung von Entwässerungssystemen. Nur durch eine bedarfsgerechte Anwendung der unterschiedlichen Methoden lässt sich eine zuverlässige und wirtschaftliche Planung realisieren.

 

Vergleich von Einfachen Verfahren und Nachweisverfahren in der NA-Simulation