Resilienz im Hochwasser- und Starkregenrisikomanagement

Ein Ansatz zur Anpassung an den Klimawandel

Die Themen Resilienz und Klimaanpassung stehen zunehmend im Fokus der Wasserwirtschaft. Der Themenband der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (DWA) zum Thema „Resilienz im Hochwasser- und Starkregenrisikomanagement“ beleuchtet die Bedeutung und Umsetzung von Resilienzstrategien, um den Herausforderungen durch Hochwasser und Starkregenereignisse zu begegnen. Dieser Artikel fasst die wesentlichen Inhalte des DWA-Themenbands zusammen und zeigt die Relevanz von Resilienz für eine nachhaltige und klimaangepasste Wasserwirtschaft auf.

Was bedeutet Resilienz im Kontext der Wasserwirtschaft?

Der Begriff „Resilienz“ beschreibt allgemein die Fähigkeit eines Systems, auf extreme Ereignisse flexibel zu reagieren, Schäden zu minimieren und sich schnell zu erholen. Im Hochwasser- und Starkregenrisikomanagement bedeutet dies, dass Wasserinfrastrukturen und betroffene Gebiete so gestaltet sein müssen, dass sie den Auswirkungen von Starkregen und Hochwasser möglichst gut standhalten können. Resilienz umfasst nicht nur den Schutz vor einem Ereignis, sondern auch die Anpassung und Wiederherstellung danach.

Die DWA definiert Resilienz nicht als statische Größe, sondern als dynamisches Konzept, das sowohl Widerstandsfähigkeit (Resistenz) als auch Anpassungsfähigkeit (Transformation) einschließt. Es geht also darum, nicht nur Schutzanlagen wie Deiche oder Kanäle zu verbessern, sondern auch langfristige Anpassungen und nachhaltige Wiederherstellungsprozesse zu ermöglichen.

Der Themenband und die Entwicklung des Resilienzkonzepts

Der DWA-Themenband bietet eine umfassende Darstellung der Diskussion um Resilienz in der Wasserwirtschaft. Er ist das Ergebnis der Arbeit der DWA-Arbeitsgruppe HW-4.7, die sich seit 2018 intensiv mit den Themen Hochwasserrisikomanagement und Starkregen auseinandersetzt. Von Beginn an stand der Gedanke im Vordergrund, dass Hochwasser und Starkregenereignisse nicht isoliert betrachtet werden sollten, sondern als Teil eines breiteren Systems des Risikomanagements.

Ein zentrales Anliegen des Themenbands ist es, den Begriff der Resilienz als „Grenzkonzept“ darzustellen. Das bedeutet, dass Resilienz nicht eindeutig definierbar ist, sondern eine Verbindung unterschiedlicher Perspektiven darstellt. Dies ähnelt der Idee der „Nachhaltigkeit“, die ebenfalls vielfältige Bedeutungen hat, aber eine gemeinsame Grundlage bietet, auf der die Fachwelt zusammenarbeiten kann. Diese Offenheit des Begriffs ermöglicht es, Resilienz aus unterschiedlichen Blickwinkeln wie der Ökologie, den Ingenieurwissenschaften und den Sozialwissenschaften zu betrachten.

Resilienz und ihre Dimensionen

Das Resilienzkonzept des Themenbands unterteilt sich in drei Hauptdimensionen:

  1. Resistenz: Die Fähigkeit eines Systems, einem Schock wie Hochwasser oder Starkregen zu widerstehen. Es umfasst Maßnahmen, die den Eintritt und die Auswirkungen solcher Ereignisse verhindern oder abmildern sollen. Beispielhafte Maßnahmen sind der Bau von Hochwasserschutzdeichen und der Einsatz von Rückhaltebecken.
  2. Erholung: Die Wiederherstellungsfähigkeit eines Systems nach einem Schock. Dabei geht es um die schnelle Rückkehr in einen funktionsfähigen Zustand nach einem Extremereignis. Im Hochwassermanagement bedeutet dies etwa, dass die Infrastruktur möglichst schnell wieder nutzbar gemacht wird, um die negativen Auswirkungen zu minimieren.
  3. Transformation: Die Anpassungsfähigkeit an neue Gegebenheiten, um die Verwundbarkeit langfristig zu verringern. Dies kann bedeuten, dass betroffene Infrastrukturen nach einem Schaden nicht einfach wiederhergestellt, sondern verbessert werden („Build Back Better“). So werden zukünftige Risiken und Verwundbarkeiten verringert.

Herausforderungen bei der Bewertung von Resilienz

Die Bewertung von Resilienz stellt eine große Herausforderung dar, da viele Faktoren berücksichtigt werden müssen. Im Unterschied zu herkömmlichen Risikokennzahlen, die die Eintrittswahrscheinlichkeit und den potenziellen Schaden in Form von Kosten quantifizieren, ist Resilienz ein multidimensionaler Begriff, der verschiedene Aspekte wie Anpassungsfähigkeit und Wiederstandsfähigkeit zusammenfasst. Das macht eine rein quantitative Bewertung schwierig.

Der Themenband beschreibt, dass für die Bestimmung der Resilienz sowohl qualitative als auch quantitative Ansätze verwendet werden können. Qualitative Ansätze könnten beispielsweise auf Experteneinschätzungen beruhen, die die Anpassungsfähigkeit eines Systems bewerten, während quantitative Ansätze Indikatoren wie die Überflutungsdauer oder die Wiederherstellungszeit heranziehen. Ein Beispiel hierfür ist der „Flood Resilience Index“ (FRI), der die Resilienz anhand einer Reihe von Faktoren messbar macht.

Wirkung von Maßnahmen auf die Resilienz

Ein weiterer zentraler Abschnitt des Themenbands behandelt die Wirkung von Maßnahmen auf die Resilienz. Unterschiedliche Maßnahmen wie Hochwasserschutzanlagen, Notfallpläne, aber auch die Anpassung der Stadtplanung durch wasserbewusste Entwicklung spielen eine wichtige Rolle bei der Verbesserung der Resilienz. Durch die Kombination technischer, organisatorischer und naturnaher Maßnahmen können Systeme widerstandsfähiger gestaltet werden.

Besonders betont wird dabei die Bedeutung von grünen und blauen Infrastrukturen für die Resilienz von urbanen Räumen. Diese beinhalten zum Beispiel die Integration von Retentionsflächen wie Parkanlagen, die bei Starkregen Überschwemmungen auffangen können, oder das Anlegen von Gründächern zur Verminderung von Oberflächenabfluss. Solche Maßnahmen tragen nicht nur zur Reduktion des Überflutungsrisikos bei, sondern steigern auch die Lebensqualität in urbanen Gebieten und leisten einen Beitrag zur Anpassung an den Klimawandel.

Praxisbeispiele für resiliente Stadtentwicklung

Der Themenband gibt konkrete Praxisbeispiele für Maßnahmen, die die Resilienz in der Stadtentwicklung erhöhen. Besonders hervorgehoben wird dabei die Stadt München, in der innovative Ansätze zur Verbesserung der Resilienz entwickelt wurden. In der Maxvorstadt wurde beispielsweise der skalierbare Flood Resilience Index (FRI) genutzt, um die Verwundbarkeit der Stadtteile zu bewerten und entsprechende Maßnahmen zur Reduzierung des Überflutungsrisikos zu ergreifen.

Weitere Beispiele umfassen die Nutzung von öffentlichen Flächen als temporäre Retentionsbecken sowie die Anlage von Regenwasserspielplätzen, die sowohl der Freizeitgestaltung dienen als auch bei Starkregenereignissen als Auffangbecken fungieren können. Diese multifunktionalen Flächen sind ein gutes Beispiel für die Integration von Klimaanpassung in die urbane Infrastruktur.

Fazit und Ausblick

Der DWA-Themenband „Resilienz im Hochwasser- und Starkregenrisikomanagement“ zeigt auf, wie komplex die Herausforderung der Anpassung an den Klimawandel ist. Die Erhöhung der Resilienz von Infrastrukturen und Stadtgebieten erfordert eine Kombination aus technischer Planung, der Anpassung urbaner Strukturen und naturnahen Ansätzen. Das Konzept der Resilienz ermöglicht es dabei, nicht nur kurzfristig auf Katastrophenereignisse zu reagieren, sondern eine langfristige und nachhaltige Strategie zur Anpassung zu verfolgen.

Der Themenband betont die Wichtigkeit der Zusammenarbeit verschiedener Fachdisziplinen, um die unterschiedlichen Dimensionen der Resilienz in die Planung zu integrieren. Dabei wird deutlich, dass Resilienz nicht nur ein technischer Begriff ist, sondern auch soziale, psychologische und ökologische Aspekte berücksichtigt. Gerade durch die Berücksichtigung dieser übergreifenden Ansätze wird es möglich, langfristige Lösungen zu entwickeln, die sowohl die Lebensqualität der Menschen verbessern als auch ihre Verwundbarkeit gegenüber extremen Wetterereignissen reduzieren.

Die Arbeit der DWA-Arbeitsgruppe zeigt, dass Resilienz kein starrer Begriff ist, sondern dynamisch weiterentwickelt werden muss. Die Integration von Resilienz in das Hochwasser- und Starkregenrisikomanagement bietet eine Chance, den Herausforderungen des Klimawandels proaktiv zu begegnen und eine nachhaltige Anpassung unserer Wasserinfrastrukturen zu ermöglichen. So können auch zukünftige Generationen sicher und nachhaltig mit den Risiken des Klimawandels umgehen.

 

Resilienz im Hochwasser- und Starkregenrisikomanagement